Kinderbücher

Kinderbücher über Alzheimer im Check Nr. 13: „Arthur und der Elefant ohne Erinnerung“

„Elefanten vergessen nie“, so heißt es. Und tatsächlich haben die Tiere ein besonders gutes Gedächtnis. Eigentlich. Was passiert aber mit einem Elefanten, der sich nicht mehr erinnern kann? Darum geht es in dem neuen Kinderbuch „Arthur und der Elefant ohne Erinnerung“. Es ist ein Bilderbuch, das schon kleinen Kindern das Thema Demenz und Älterwerden näherbringen möchte. Ob das funktioniert? Ich habe es mit meiner jüngsten Tochter gelesen. Was ihr und mir besonders gut gefallen hat, erfahrt ihr in diesem Blog-Beitrag.

Ein Bilderbuch übers Vergessen und Liebhaben: „
Arthur und der Elefant ohne Erinnerung“

In den vergangenen Monaten habe ich ein paar neue Kinderbücher zum Thema Erinnern und Vergessen entdeckt, die ich euch demnächst wie gewohnt in meiner Rubrik „Kinderbücher über Demenz“ vorstellen werde. Heute starte ich mit „Arthur und der Elefant ohne Erinnerung“ (Jumbo Verlag). Geschrieben und gezeichnet hat das Buch die spanische Illustratorin Maria Giron.

Ein trauriger Elefant – Arthur möchte helfen

Arthur ist ein kleiner Junge mit einem rotem Wuschelkopf und, wie sich schnell zeigt, einem guten Herz. Er geht spazieren, als es auf ihn tropft. Aber das ist kein Regen, sondern es sind dicke Elefantentränen, die da auf ihn plumpsen. Dieser Elefant ist so traurig, weil er sich nicht mehr erinnern kann. An gar nichts mehr.

Der kleine Arthur ist betrübt – und meine jüngste Tochter konnte sehr gut nachfühlen, dass das keine schöne Situation für den Elefanten ist. Aber das Buch lässt gar nicht so viel Zeit zum Traurigsein und Nachdenklichwerden – und ich glaube, dass es für kleine Kinder eine sehr gute Strategie ist.

Arthur verspricht dem Elefanten, ihm zu helfen. Das stimmte auch meine Tochter fröhlich und es ist eigentlich genau das, was sie in Bezug auf meine Mama kennt. Wenn sie traurig ist, geht jemand zu ihr, umarmt sie und hilft ihr. Für meine Fünfjährige ist es irgendwie normal, dass die Oma Hilfe bekommt und jemand für sie da ist.

Froh sein und Spaß haben

Der kleine Arthur setzt sich auf den Kopf des Elefanten und gemeinsam spazieren sie los, um zu spielen und nicht mehr traurig zu sein. Sie planschen zusammen im See und der Elefantenrüssel ist für Arthur eine tolle Rutsche. Sie naschen Kirschen vom Baum und genießen es, Zeit miteinander zu verbringen.

Dann treffen sie Arthurs Freunde, die mit Kreide malen und schon fleißig den Boden mit vielen kleinen Bildern verziert haben. Die Kinder haben eine Idee: Sie wollen den Elefanten anmalen – und der genießt es. „Das ist meine Lieblingsseite“, sagt meine Tochter. „Jetzt machen sie den Elefanten schön und er ist nicht mehr traurig.“

Die Kinder malen den Elefanten bunt an – und alle haben Spaß dabei

Meine Tochter sagt auch von den folgenden Seiten, das sie ihre Lieblingsseiten seien. „So viele?“, fragte ich sie. „Ja, da sieht er so schön aus und ist fröhlich“, antwortete sie.

Eine Seite gefällt meiner Tochter dennoch besonders: Als der Elefant seine Familie wieder trifft. Denn er hat sich am Ende des Tages dann doch wieder erinnert – und zwar an seine Familie. Als er Arthur zu dessen Familie brachte, fiel ihm ein, dass er ja eine eigene Familie hat. Vor Freude hat er laut trompetet – und da kam die ganze Elefantenherde angerannt. Die großen wie die kleinen Elefanten nahmen den Elefanten-Opi in ihre Mitte und waren fröhlich.

Am Ende sind alle fröhlich

Demenz erklären ohne das Wort Demenz

In dem Buch kommen weder die Wörter Demenz noch Alzheimer vor. Es gibt keine Erklärungen über die Krankheit und keine Informationen über das Gehirn. Ist es da überhaupt ein Buch, mit dem man Kindern Demenz erklären kann?

Ja, das kann man sehr gut. Kinder brauchen gar nicht unbedingt medizinische Informationen. Warum das Gedächtnis bei Menschen mit Demenz nicht mehr so gut funktioniert, interessiert sie vor allem kleine Kinder gar nicht, habe ich gemerkt. Was sie aber beschäftigt, ist die Frage, was sie tun können und wie sie helfen können.

Ich bin überzeugt davon, dass Kinder geborene Helfer sind und sie sehr viel Gutes tun können für ihre Familienangehörigen mit Demenz, wenn wir sie nur lassen und sie dabei unterstützen. Sie möchten Teil der Familie sein und sie möchten dazu beitragen, andere glücklich zu machen. „Alleine sein ist nicht schön“, wie meine mittlere Tochter es einmal sagte.

In „Arthur und der Elefant ohne Erinnerung“ erleben Kinder, wie hilfreich es für den traurigen Elefanten ist, dass Arthur und die anderen Kinder mit ihm spielen. Sie leben und genießen den Moment, genau das macht Spielen ja aus und das macht es auch so wertvoll. Eine schöne Zeit zusammen zu verbringen und einfach im Moment etwas gemeinsam zu tun, einander Freund sein, das tut auch Menschen mit Demenz und Vergesslichkeit gut.

Genau das machen Kinder ja oft von sich aus. Es sind oftmals Kleinigkeiten, etwa sich beim Fernsehen an die Oma kuscheln oder mit ihr an der Hand durch den Garten spazieren. Aber genau diese Dinge helfen dabei, sich wohlzufühlen und sie können Erinnerungen wecken. Der Elefant etwa erinnert sich an seine eigene Familie. Vielleicht sind es auch nur kleine Erinnerungen. In jedem Fall aber geben sie dem Menschen mit Demenz das Gefühl, dass er nicht alleine ist – und darauf kommt es ja letztlich an.

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Und so hat der kleine Arthur dem großen, traurigen Elefanten geholfen

Mein Fazit: „Arthur und der Elefant ohne Erinnerung“ ein fröhliches Bilderbuch, das Mut macht

Ich habe das Buch als Anlass genutzt, um mit meiner jüngsten Tochter über meine Mama zu sprechen. Ich weiß nicht, ob sie versteht, dass Demenz eine Krankheit ist. Aber dann habe ich mich an die Worte meiner großen Tochter erinnert, durch die ich gemerkt habe, dass es uns allen guttun würde, die Demenz nicht als Krankheit, sondern einfach als Begleiter anzusehen.

Für meine jüngste Tochter ist es normal, dass die Oma Hilfe braucht – und wir ihre helfen. Denn sie hat es immer so erlebt. Dass meiner Mama viele Erinnerungen fehlen, ist für meine Kleine kaum Thema. Sie schaut auf meine Mama im Hier und Jetzt. Und genau das macht das Bilderbuch „Arthur und der Elefant ohne Erinnerung“ auch. Es verschiebt den Fokus darauf, was eigentlich wichtig ist: Zeit miteinander zu verbringen und zusammen fröhlich zu sein. Für mich ist das Buch ein Mutmacher, der Kindern und auch Erwachsenen zeigt, dass das Leben mit Vergesslichkeit und Demenz viele schöne Momente enthält.

Und noch etwas mag ich an diesem bezaubernden Bilderbuch: Der kleine Arthur hilft dem großen Elefanten. Unsere Größe und unser Alter sagt nicht viel darüber aus, was wir bewirken können. Wir Erwachsene denken oft, wir wüssten es am besten, weil wir viel älter als die Kinder sind und mehr Erfahrungen gemacht haben. Aber der Blick auf die Kinder lohnt sich, denn sie wissen es oft genauso gut – und manchmal sogar besser.

Buchinfo: Arthur und der Elefant ohne Erinnerung. 2021. Maria Giron. JUMBO Neue Medien und Verlag. 48 Seiten.

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