Buchtipps

Interview mit Hermien Stellmacher

Ich habe euch schon den Roman „Was bleibt, wenn alles verschwindet“ vorgestellt. Die Autorin kennt das Thema aus eigener Erfahrung, denn auch ihre Mutter hatte Demenz. Im Interview berichtet Hermien Stellmacher, wie es zu diesem Roman gekommen ist, was sie durch die Erkrankung ihrer Mutter gelernt hat und wie ihr das beim Schreiben des Buches geholfen haben.

Autorin Hermien Stellmacher

Interview mit der Autorin Hermien Stellmacher über ihren Roman „Was bleibt, wenn alles verschwindet“ (Insel Verlag). Die Buchvorstellung findet ihr hier.

Cover_Was bleibt, wenn alles verschwindet

Wie bist du auf die Idee gekommen, das Thema Demenz in einem Roman aufzugreifen?

Das Thema schlich sich schon in meinen letzten Roman mit ein. („Die Katze im Lavendelfeld“). Dort schreibe ich aus der Perspektive dreier Personen, von denen eine alte Frau immer vergesslicher wird. Es gab dazu sehr positives Feedback, und als wir über neue Projekte sprachen, fragte mich meine Agentin, ob ich mal daran gedacht habe, einen ganzen Roman zu dem Thema zu schreiben. Zuerst war ich unschlüssig. Gerade über demenzkranke Eltern und Großeltern gibt es schon sehr viel Lektüre. Doch dann kam mir der Gedanke: „Was wäre, wenn eine enge Freundin daran erkranken würde?“ Das war der Grundstein für diese Geschichte. 

Was möchtest du deinen Lesenden in Bezug auf Demenz vermitteln?

Schwer zu sagen. Ich bin nicht mit der Idee einer „Botschaft“ an die Geschichte herangegangen. Ich wollte in erster Linie einen Roman über eine besondere Freundschaft schreiben und zeigen, wie die Demenz diesen Band verändert.

Was hast du durch die Demenz deiner Mutter gelernt? 

In dieser Zeit bin ich sehr viel flexibler und gelassener geworden. Ich war schon immer ein Mensch, der gern und viel plant – was als selbstständige Illustratorin und Schriftstellerin auch gar nicht anders geht. Doch aufgrund ihrer Erkrankung, die sich anfangs sehr schnell entwickelte, war in der Hinsicht erst mal gar nichts mehr möglich. Hinzu kam, dass meine Mutter in den Niederlanden lebte, und ich zu jedem Besuch 800 km einfache Fahrt hatte. Da musste ich enorm umdenken, zumal ich die einzige Angehörige war. Es ist mir zwar gelungen, ein gutes Netzwerk in ihrer direkten Umgebung aufzubauen, aber vieles musste ich natürlich selber erledigen. 

Ist es dir schwer gefallen, aus Susannes Perspektive zu schreiben und wie hast du dich darüber informiert? 

Seltsamerweise fiel mir das nicht sehr schwer. Wenn ich meine Mutter besucht habe, war ich immer mehrere Tage vor Ort, da sie ja weit weg wohnte. So ergab es sich, dass ich auch zu den anderen Mitgliedern der Demenz-Gruppe viel Kontakt hatte. Ich half aus beim Servieren der Mahlzeiten und organisierte auch Spiele in der Gruppe. So bekam ich viel mit von dem, wie sie denken, sprechen und bekam auch viel von den wirren Assoziationen mit, die ja oftmals auftreten. Auch meine Mutter sprach immer wieder Situationen an, die sie als Kind erlebt hatte, und die nun plötzlich eine ganz neue Wichtigkeit bekamen. Je nach Tagesform vermischte sie diese Erinnerungen mit Dingen, die gerade im Gange waren oder mit anderen Rückblicken. Diese Beobachtungen sind die Grundlage für Susannes Gedanken. Und aufgrund von Susannes Lebensgeschichte, die sie ja im Heft niederschreibt, konnte ich diese Assoziationen gut – und auch für den Leser verständlich einbauen.

Kommentar verfassen