Gefühle verarbeiten, Tipps für den Alltag

Mehr Selbstmitgefühl

Über Selbstfürsorge zu sprechen ist wichtig und gleichzeitig fällt es doch schwer. Das habe ich bei dem Live-Talk gestern auch wieder gemerkt. Denn in der Theorie klingt vieles so gut und richtig, aber die guten Ratschläge umzusetzen – das ist dann was anderes. Und dabei ist doch genau das so wichtig, um Alltag mehr Energie zu bekommen. Die Psychologin Jana Toppe hat erklärt, was es mit Selbstmitgefühl auf sich hat und wie es gut tut.

Zettel in Herzform, auf dem

Selbstmitgefühl – Fünf Strategien für Selbstfürsorge

Selbstfürsorge, Achtsamkeit, Auszeit für die Seele – All das sind wichtige Themen, gerade für pflegende Angehörige. Denn im Pflege-Alltag kommt es häufig zu Belastungen. Wer dauerhaft belastet ist, reagiert mit körperlichen Symptomen wie Schlafstörungen, Rücken- und Nackenschmerzen, Schmerzen, Niedergeschlagenheit. Andauernder starker Stress kann auf lange Sicht zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Magengeschwüre oder Burnout führen.

Pflegende Angehörige sind besonders anfällig für Burnout, da sie sich intensiv um jemanden kümmern und einen hohen persönlichen Einsatz zeigen, hierfür aber oftmals so gut wie keine Anerkennung erhalten. Darum ist es für diese Gruppe besonders wichtig, gut auf sich zu achten und rechtzeitig Hilfe zu erhalten”, sagte Dr. Jana Toppe im Interview. Sie ist Psychologin und leitet die Online-Beratungsstelle pflegen-und-leben.de

Gestern haben Jana und ich uns in einem Live-Talk darüber unterhalten und versucht zu ergründen, wie es gelingen kann, mehr Selbstfürsorge im Alltag zu integrieren. (Hier ist der Link zum Talk) Denn genau das ist ja oft das Schwierige, finde ich. Eigentlich weiß man, dass kleine Pausen und Freiräume guttun und dass es wichtig ist, etwas für sich zu tun. Aber das mit dem Umsetzen ist dann doch so eine Sache… Janas Tipps, wie es gelingen kann:

1. Auf sich schauen

“Am besten macht man regelmäßig einen kleinen Check-in und prüft, wie es einem wirklich geht”, sagt Jana. Denn oftmals schauen wir gar nicht richtig hin, wissen dann nicht, was uns wirklich beschäfit – und was uns guttun kann. Janas Tipp: Einfach morgens oder auch tagsüber ein paar Minuten in sich spüren: Wie geht es mir? Wie ist mein Puls? Wie angespannt bin ich? Wie fühle ich mich? Was passiert in meinem Körper? Am besten macht man das zur Routine, denn wenn wir etwas regelmäßiger machen, fällt’s leichter. Das kann man auch mit kleinen Tätigkeiten verbinden, morgens beim Kaffeekochen oder im Tagebuch notieren, wie es einem geht. “Ganz viel liegt in der Übung”, sagt Jana.

2. Selbstmitgefühl zeigen

Bei Selbstmitgefühl geht es darum, zu sich selber gutmütig zu sein. “Selbstmitgefühl bedeutet, dass man es sich verzeihen kann, wenn man nicht perfekt ist”, erklärt Jana. Wir machen Fehler, im Leben und natürlich auch in der Pflege und Begleitung eines Menschen mit Demenz. Und selbst, wenn wir alles richtig machen würden, so wäre es doch nie gut genug. Ich erinnere mich, wie verzweifelt ich einmal war, als ich gemerkt habe, ich kann all das, was ich für meine Mama gerne tun würde, nicht umsetzen. Ich schaffe es nicht. Meine beste Freundin sagte damals “Sei großzügiger mit dir!” Das ist Selbstmitgefühl, mit sich so mitfühlend und großzügig sein, wie man auch mit guten Freunden wäre.

3. Mehr Langsamkeit

Im Talk kam von Yasemin Aicher der Hinweis, dass “Geduld, Geduld, Geduld” wichtig ist. Und damit hat sie so Recht. In meinem Alltag muss es meistens schnell gehen, dabei wäre es so schnell vielleicht gar nicht imemr notwendig. Jana sagte: “Wir leben in einer Gesellschaft, die konstant Leistung und Entgrenzung von uns abfordert. Und wir fordern sie auch von uns ab.” Pflegende Angehörige haben zu ihrem Alltag noch die Aufgabe des Kümmerns und Sorgens. Mehr Langsamkeit würde uns allen guttun.

4. Nein sagen

Wir kümmern uns um andere Menschen und das ist wichtig und gut. Denn wir Menschen sind soziale Wesen und brauchen dieses Miteinander. Aber nicht alles, was man macht, muss vielleicht wirklich sein. Oftmals machen wir uns Stress, weil wir denken wir müssten alles erledingen. Öfter mal Nein sagen, kann enorm helfen. Auch in der Pflege ist das wichtig: Immer wieder die eigene Rolle überdenken und auch schauen, welche Aufgaben man erledigt. Habe ich dafür Kapazitäten? Bekomme ich das noch unter? Oder muss ich einfach mal Nein sagen, weil es mir damit nicht gut geht?

5. Mini-Urlaube machen

Regelmäßig pflegefreie Zeiten einräumen, das rät Jana. Hilfreich ist ein Netzwerk an Familie und Freunden, aber auch Unterstützungsangebote wie die Tagespflege oder Ehrenamtliche können eine Auszeit verschaffen. Aber oftmals ist auch das schwierig, weil es keine Angebote gibt oder einfach nicht passt. Mini-Urlaube lohnen sich, und das kann wirklich etwas Einfaches sein. Zum Beispiel gemeinsam Spazieren gehen: Man kommt raus aus dem Alltag, tut sich etwas Gutes und macht etwas Schönes zusammen. Oder auf der Terrasse sitzen, sich über die Sonnenstrahlen freuen und ein Eis essen. Kreativ sein ist erlaubt. Für die Selbstfürsorge-Folge von “Leben, Lieben, Pflegen – Der Podcast zu Demenz und Familie” von Desideria Care haben wir mal ein Worksheet erstellt, auf dem ihr viele Ideen findet (hier geht’s zur Auszeit-Ideen-Liste).


Online-Beratung pflegen-und-leben.de

Die Beratungsstelle pflegen-und-leben.de bietet allen pflegenden und sorgenden An- und Zugehörigen psychologische Onlineberatung, entweder per Video-Chat oder Videocall. Das Angebot ist kostenlos, datensicher und anonym. Hier findet ihr die Angebote und könnt die Beratung nutzen.


Selbstfürsorge – Im Podcast “Leben, Lieben, Pflegen”

Nur wenn es einem selbst gut geht, kann man sich auch gut um jemand anderen kümmern. Das gilt auch für pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz. Deshalb dreht sich in der fünften Folge alles um Selbstfürsorge. Anja Kälin und Peggy Elfmann sprechen unter anderem darüber, warum es so wichtig ist, sich um sich selber zu kümmern, wie man Überlastung erkennt und welche Strategien sie und andere pflegende Angerhörige gefunden haben, um gut für sich zu sorgen.

5 Gedanken zu „Mehr Selbstmitgefühl“

  1. Liebe Peggy, der Podcast “Für sich selbst sorgen” hat mir unglaublich gut getan. Ich finde mich in vielem wieder. Natürlich weiss man das eigentlich alles aber es ist manchmal schon schwer in die Praxis umzusetzen. Ich kümmere mich um meinen 73-jährigen Mann, der noch fit und unternehmungslustig ist, sich aber nicht mehr richtig ausdrücken kann und vieles nicht mehr versteht oder erfasst.
    Vielen Dank für Deinen blog und die vielen Anregungen

    1. Vielen Dank für deine Rückmeldung! Freut mich, dass dir der Podcast gut getan hat! Ich finde es so wichtig, sich und andere immer wieder daran zu erinnern, wie wichtig diese Selbstfürsorge.
      Alles Liebe für dich und deinen Mann! 💜💜💜

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