Dass meine Alzheimer-kranke Mama ins Krankenhaus müsste – das gehört zu meinen Horror-Vorstellungen. Schon vor der Corona-Pandemie, und jetzt noch mehr. Meine Mama ist körperlich fit und es geht ihr gut, aber was wäre, falls? Wie würde es ihr dort gehen? Wie kann das Personal auf Menschen mit Demenz eingehen? Gut zu wissen, dass man sich auf den Ernstfall vorbereiten kann (zumindest ein bisschen). Im Angehörigen-Seminar habe ich erfahren wie. Die wichtigsten Punkte teile ich mit euch. Und einen Info-Bogen fürs Krankenhaus findet ihr hier auch

Meine Mama war in ihrem Leben nie länger krank. Sie ist auch heute körperlich noch fit und ihr geht es gut. Aber die Alzheimer-Krankheit schreitet natürlich voran. Im Alltag geht es Mama am besten, wenn sie ihre vertraute Umgebung und liebe Menschen um sich hat. Das tut ihr gut, da findet sie Ruhe, da wird sie verstanden.
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Coronavirus: Erhöhtes Risiko für ältere Menschen
Als unsere Seminarleiterin vom Angehörigenseminar der Alzheimer Gesellschaft München fragte, ob uns das Thema „Mit Alzheimer im Krankenhaus“ interessiert, dachte ich: ‚Ja, unbedingt. Bitte!‘ und nickte eifrig. Denn dass meine Mama ins Krankenhaus müsste, gehört tatsächlich zu meinen Horror-Vorstellungen. Deshalb diskutiere ich mit meinem Papa über jeden Teppich und Läufer im Haus und sage immer wieder: „Nicht, dass sie stürzt. Dann muss sie ins Krankenhaus.“
Und gerade jetzt, wo sich das neue Coronavirus SARS CoV 2 immer weiter ausbreitet, Schulen und Kitas geschlossen werden und die Weltgesundheitsorganisation von einer Pandemie spricht wird, fürchte ich mich davor, dass meine Mama ins Krankenhaus müsste. Die Infektion mit dem Coronavirus verläuft zwar in den meisten Fällen mild, so das Robert-Koch-Institut, aber für 20 Prozent der Infizierten jedoch schwer bis lebensbedrohlich und ältere Menschen gehören zur Risikogruppe (Hier noch mehr Informationen des Robert-Koch-Instituts zum Krankheitsverlauf).
Das beste Krankenhaus für Betroffene mit Demenz?
Vielleicht ist es im Krankenhaus auch gar nicht so schlimm. Ich habe da kaum Erfahrung. Ich war nur zu den Geburten der Kinder im Krankenhaus – und das waren ja schöne Erlebnisse. Aber ich glaube, dass es für meine Mama jetzt deutlich weniger schön wäre. Ich war also dankbar, dass ich mehr über dieses Thema erfahren würde.
Seminarleiterin Iris Gorke stellte am Anfang gleich klar: “Das beste Krankenhaus für Alzheimer-Patienten ist: gar kein Krankenhaus.” Wenn möglich, sollte man einen Krankenhausaufenthalt möglichst vermeiden. Die fremde Umgebung, der ungewohnte Tagesablauf, die fehlende Orientierung, dazu noch die Tests und Untersuchungen, all das könne Unsicherheit und Angst schüren.
Aber, und das ihre gute Botschaft: Man kann sich auch darauf vorbereiten und den Krankenhausaufenthalt für Betroffene mit Demenz leichter machen. Worauf kommt es dabei an?
Mit Alzheimer ins Krankenhaus: Fünf wichtige Punkte zur Vorbereitung
Punkt 1: Eine Spezialklinik wählen: Manche Krankenhäuser haben spezielle Abteilungen für Demenzpatienten. In Akutsituationen lässt sich das vermutlich schlecht einrichten, aber bei geplanten Aufenthalten lohnt sich sicher eine Recherche. Steht beispielsweise eine Operation an, sollte man versuchen, eine Einrichtung zu wählen, die auf Demenz spezialisiert ist oder spezielle Stationen hat. Hier eine Übersicht der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie über Spezialstationen an deutschen Kliniken.
Punkt 2: Informationen weitergeben: Auf jeden Fall sollte man das Personal darüber informieren, dass der Patient an Alzheimer leidet und idealerweise so viele Infos wie möglich. Zum Beispiel: ob Hilfe beim Essen benötigt wird, wie die Schlafroutine ist oder ob/wie sich der Patient verständigen kann. Dazu hat die Deutsche Alzheimer Gesellschaft einen sehr guten Informationsbogen entwickelt. Diesen kann man ausdrucken, ausfüllen und den PflegerInnen geben.

Punkt 3: Rooming-in oder Besuchsdienst? Ich habe ja so große Angst vor einem Krankenhaus-Aufenthalt meiner Mama, weil ich dachte, sie müsste zwingend alleine dort bleiben. Aber im Seminar habe ich vom Rooming-in erfahren. Das kannte ich bislang nur von Geburten. Aber auch bei Erwachsenen ist es möglich, über Nacht zu bleiben – und damit meine ich nicht, auf einem Stuhl daneben zu sitzen, sondern bei dem Angehörigen zu übernachten. Wer bei seinem Angehörigen bleiben möchte und das zeitlich einrichten kann, sollte sich unbedingt im Voraus bei der Klinik erkundigen und bei der Krankenkasse nachfragen, ob man etwa ein Attest vom Arzt braucht. Rooming-in ist aber nicht immer möglich. Dann sollte man schon vor dem Aufenthalt einen Besuchsdienst organisieren, von Nachbarn, Freunden, Kindern, aber auch eine Hilfe von Ehrenamtlichen wie den Grünen Damen und Herren ist möglich.
Punkt 4: Vertrautes mitgeben: In die Kliniktasche gehört so viel Gewohntes wie möglich, denn es schafft Vertrauen in der ungewohnten Klinikumgebung. Also, vertraute Kleidung mitgeben (das Lieblingsnachthemd und nicht etwa ein neues kaufen), vielleicht der gewohnte Kopfkissenbezug, eine Kuscheldecke, ein Foto von der Familie. Vielleicht mag Mama auch das Plüsch-Äffchen? Ideal ist, wenn Kleidung mit dem Namen beschriftet wird.
Punkt 5: Kommunikation mit dem Krankenhaus klären: Es lohnt sich, schon im Vornherein zu klären, wer der Hauptansprechpartner für das Krankenhaus ist. Man kann schon vor der Aufnahme beziehungsweise bei der Aufnahme eine Kopie der Vorsorgevollmacht bzw. des Betreuerausweises hinterlegen, um dann bei allen Entscheidungen einbezogen zu werden.
Was kann ich tun?
In all der Beunruhigung und Sorge vor dem Ernstfall bin ich aber doch etwas beruhigter. Ich habe den Informationsbogen ausgefüllt und werde ihn zu Hause in doppelter Ausführung hinterlegen. Es ist sicher sinnvoll, ihn in Ruhe auszufüllen, denn falls Mama in das Krankenhaus müsste, wären wir alle sehr aufgeregt, vielleicht zu aufgeregt, um einen Bogen vernünftig auszufüllen. Zusätzlich werde ich eine Kopie der Vollmachten machen und sie mit dem Informationsbogen zusammen aufheben.
Und: Ich werde versuchen, alle Stolperfallen aus dem Haus meiner Eltern zu entfernen. Ja, auch die heiß geliebten Läufer, denn sie sind Stolperfalle Nummer eins. Und ganz aktuell und wichtig: Mich und die Kinder einigeln, meine Mama erst einmal nicht besuchen, um sie und die Kinder vor dem Coronavirus und dessen Auswirkungen zu schützen.
Eine große Angst von mir… mein Opa war gerade erst eine Woche in der Kurzzeitpflege (als meine Oma ins Krankenhaus musste) und wurde dort weder gewaschen, noch angeleitet sich die Unterwäsche zu wechseln, es waren zu viele Tabletten wieder zurück gekommen und das Sauerstoffgerät falsch angeschlossen… bei uns im Krankenhaus wäre man gar nicht in der Lage damit umzugehen, das habe ich nach der Geburt meines Kindes leidvoll erfahren. Schlimm ist auch, nicht mehr vorbei kommen zu dürfen (das beschränken wir nur noch auf Besorgungen durch seine Kinder). Er ist immer traurig, wenn lange keiner mehr da war, auch wenn er uns nicht erkennt oder falsch einordnet. Eine schwierige und sorgenvolle Zeit.
Das klingt ja gar nicht gut… Ich hoffe, dass es Mama nicht erwischt und sie einfach weiter zu Hause sein kann. Ich drück dich und wünsche dir viel Kraft! 💜