Der neue Ratgeber “Gute Pflege braucht Kraft” stellt die sorgenden und pflegenden Angehörigen in Vordergrund. Wer pflegt, vernachlässigt oft die eigenen Ressourcen, und die Folge sind häufig Erschöpfung, Rücken- und Kopfschmerzen. Angehörige tun gut daran, wenn sie sich gut um sich kümmern, sich regelmäßig Auszeiten und Pausen nehmen. Wie aber soll das gehen im vollen Alltag, und oft ohne Unterstützung von außen? Die Autorin Nicole Lindner stellt in ihrem Buch Strategien und Ideen für Selbstfürsorge vor und berichtet davon, was ihr als pflegende Angehörige hilft. In diesem Beitrag gebe ich euch Einblicke in dieses Buch und verrate euch, was mir daran so gut gefallen hat.

Fest steht: Selbstfürsorge ist wichtig, besonders für Angehörige von Menschen mit Demenz. Denn das Begleiten, Betreuen und Pflegen braucht viel Kraft. Sich immer wieder Pausen und Auszeiten zu nehmen, gibt Energie und trägt dazu bei, gesund zu bleiben.
Wie aber kann das im Alltag gelingen? Wo finden Pflegende Unterstützung? Wie können sie eine Auszeit konkret gestalten, vor allem auch, wenn sie ihren Angehörigen nicht alleine lassen können? Antworten auf diese Fragen und mehr Tipps zur Selbstfürsorge findet ihr in dem neuen Ratgeber “Gute Pflege braucht Kraft” (Mabuse Verlag) von Nicole Lindner, den ich euch in diesem Teil meiner Buch-Tipps vorstelle.
Diese Themen findest du in diesem Blog-Artikel
Was ist es für ein Buch?
Ein Ratgeber für pflegende und sorgende Angehörige.
Buchfakten: „Gute Pflege braucht Kraft. Selbsthilfe für pflegende Angehörige“, Mabuse Verlag, 2023. 23,00 Euro. ISBN 978-3-86321-638-2.

Wer hat es geschrieben?
Nicole Lindner ist Sozialpädagogin und Pflegeberaterin. Seit über zehn Jahren ist sie in verschiedenen Bereichen der Pflege tätig, seit sechs Jahren ist sie pflegende Angehörige und kümmert sich um ihre Mutter, die nach einem Schlaganfall pflegebedüftig wurde.

Worum geht’s?
In “Gute Pflege braucht Kraft” schreibt Nicole Lindner über die Herausforderungen, die die Pfllege eines Menschen mit sich bringt und wie pflegende Angehörige gut auf sich selber achten können. Die Autorin arbeitet schon lange in verschiedenen Bereichen der Pflege. Sie weiß aber auch aus persönlicher Erfahrung, was es bedeutet sich, um einen nahen Angehörigen zu kümmern. Gemeinsam mit ihrem Vater kümmert sie sich um ihre Mutter, die seit ihrem Schlaganfall auf Unterstützung angewiesen ist.
Nicole Lindner schreibt, dass es ihr ein “Herzensanliegen” gewesen sei, dieses Buch zu schreiben: “Ich möchte verhindern, dass pflegende Angehörige aus Sorge um ihre Lieben ausbrennen und sich selbst immer mehr vergessen. Mein Wunsch ist es, diesen mutigen, couragierten Menschen eine Stütze an die Hand zu geben, die den oftmals stressigen Pflegealltag unterbricht.”
Zu Beginn geht die Autorin auf die aktuelle Pflege-Situation ein und stellt in einem Interview mit Otto Beier von pflege-durch-angehörige klar, wie es pflegenden Angehörigen geht: extrem gefordert durch die vielfältigen Pflege-Aufgaben und die fehlende Unterstützung. Nach und nach würden viele in einen Burnout rutschen.
Im Hauptteil des Buches stellt die Autorin Strategien und Anregungen vor, wie Angehörige genau das verhindern können. Es geht um folgende Aspekte:
- die geistige Haltung stärken: Wissen aneignen, die eigene Pflegerolle klären und mit belastenden Gefühlen umgehen
- körperliches Wohlbefinden stärken: gut schlafen, körperlich aktiv sein, gesund ernähren
- seelisches Wohlbefinden stärken: Selbstfürsorge, liebevoll miteinander umgehen, Kraftquellen nutzen
- Unterstützungs- und Entlastungsleistungen: Leistungen der Pflegeversicherung, Hilfsangebote für pflegende Angehörige
- Entlastung finden – aber wie? Methoden zur konkreten Umsetzung: biografische Selbstreflexion, Voraussetzungen für gute Pflege
Was dieses Buch besonders macht ist der biografische Blick. Ruth Lindner erklärt anfangs, was sich hinter der Biografiearbeit verbirgt und wie das Einbeziehen lebensgeschichtlicher Erlebnisse eine Pflegesituation für alle – die Person, die gepflegt wird und die Personen, die pflegen – erleichtern kann. Lindner arbeitet selbst auch als Trainerin für Biografiearbeit und kann mit ihrem umfangreichen Wissen punkten.
Die Autorin berichtet von ihren eigenen Erfahrungen als pflegende Angehörige und lässt auch immer wieder andere Pflegende zu Wort kommen.
Lernfaktor?
Zu Beginn geht die Autorin auf ein wichtiges Thema ein, und zwar die eigene Rolle als Pflegende. Sie plädiert dafür, sich intensiv damit zu beschäftigen und folgende Fragen zu stellen:
- 1. Warum möchte ich die Pflege übernehmen?
- 2. Welches Verhältnis bestand zwischen der betroffenen Person und mir vor der Diagnose bzw. Erkrankung?
- 3. Gibt es jemanden, der mich unterstützt?
- 4. Was ist für mich wichtig und worauf möchte ich nicht verzichten?
- 5. Wie komme ich mit der Pflegesituation klar?
All diese Fragen sind hilfreiche Gedankenanstöße, um sich mit der eigenen Situation zu beschäftigen. “Sie werden sehen, dass Sie sich dadurch viel besser wahrnehmen und ihr persönliches Wohlbefinden besser im Blick behalten”, schreibt Nicole Lindner.
Besonders lehrreich finde ich die Anregungen unter dem biografischen Blick. So erkärt sie zum Beispiel verschiedene Vorgehen. Biografiearbeit könne gesprächsorientiert sein (dabei werden Themen von früher besprochen) oder aktivitätsorientiert (dabei werden Aktivitäten wie ein Ausflug an einen Kindheitsort integriert).
Die Lebensgeschichte genau anzuschauen und Vergangenes zu reflektieren ist nicht nur für die zu Pflegenden hilfreich, sondern auch für die pflegenden Angehörigen. Denn es hilft beispielsweise sich über die eigenen Bedürfnisse, Erwartungen und Rollen bewusst zu werden.
Die Autorin schärft auch das Augenmerk dafür, dass die Pflegende in ihrem Leben ja bereits andere Krisen überstanden hat und damit über ein gewisses Rüstzeug verfüge. “Positiv bewältigte Krisen befähigen uns, Zugang zum Leid anderer Menschen zu finden und das Leben insgesamt bewusster zu betrachten.”
Die Autorin gibt auch ganz konkrete Anleitungen zur Beantragung eines Pflegegrades und erläutert, welche Hilfe- und Entlastungsleistungen genutzt werden können.
Extras
Hier findet ihr eine Leseprobe zu “Gute Pflege braucht Kraft”
Mein Lieblinglingssatz
“Wir alle brauchen Menschen, die uns in schwierigen Situationen beistehen. Denn gemeinsam wir wir stark. Noch stärker, als wir es alleine sind. ”
Mein Fazit
Das Buch “Gute Pflege braucht Kraft” ist eine wahre Quelle an Inspirationen für pflegende Angehörige. Mit manchen Themen regt Nicole Lindner sehr zum Nachdenken an, etwa wenn sie vorschlägt, sich zunächst mit der eigenen Rolle als Pflegende zu beschäftigen (Warum pflege ich? Kann und will ich das überhaupt?) und was einem in der Beziehung zu dem Angehörigen wichtig ist. Diese Selbstreflexion ist sicher nicht einfach und braucht Mut und Zeit, anderseits schärft sie den Blick auf sich selbst. Ich glaube, dass es extrem wichtig ist, die eigenen Grenzen und Möglichkeiten zu kennen.
Viele pflegende Angehörige rutschen so nach und nach ins Pflegen hinein, übernehmen immer mehr Aufgaben und vergessen sich selbst. Auch Auszeiten nehmen geht oft nicht, weil es an Möglichkeiten, Zeit und Unterstützung fehlt. Auch hier gibt die Autorin Anregungen, wie man gemeinsam mit dem zu Pflegenden eine Auszeit nehmen und aktiv werden kann.
Alles in allem: Ein sehr lebensnahes und informatives Buch, das ich jedem pflegenden Angehörigen gerne an die Hand geben würde!
Ein Gedanke zu „Buchvorstellung: “Gute Pflege braucht Kraft”“