Ich möchte euch ein neues Buch vorstellen: “Die Weisheit der Demenz”. Es ist ein Ratgeber zum Thema Validation und vereint sehr viel: Hintergrundinformationen, praktisch erprobte Tipps und lehrreiche Ankedoten. Für mich ist ein Buch, aus dem ich viel mitnehmen kann und sowohl Bestätigung für mein aktuelles Handeln bekomme, aber auch neue Inspirationen. Hier lest ihr mehr über das Buch der Validations-Expertin Hildegard Nachum, das ich sehr empfehlen kann.

Regelmäßig stelle ich euch in meiner Rubrik Buchtipps Bücher vor, die von den Themen Demenz, Alzheimer oder Vergessen handeln und die ich gut finde. Manche helfen mir mehr besonders auf dem Weg mit der Alzheimererkrankung meiner Mama.
Als ich zum ersten Mal auf das Buch “Die Weisheit der Demenz” stieß, fand ich es sofort interessant, weil Demenz positiv dargestellt wird. Das fällt einfach auf im Meer der nüchternen Ratgeber (die natürlich auch ihren Zweck haben) und der gängigen Schreckensbilder (die wenig hilfreich sind). In dem Buch geht es natürlich auch um die Herausforderungen, aber es geht nicht nur um die Defizite, sondern setzt bei den Ressourcen an und nutzt dazu die Validation.
Außerdem wollte ich dieses Buch gerne lesen denn ich finde das Thema Validation spannend. Darum geht es in “Die Weisheit der Demenz” und ich wünschte, ich hätte mich schon viel früher mit Validation beschäftigt. Ich glaube, es hätte so einige schwierige Momente mit meiner Mama erleichtert. Denn oftmals haben sich Gefühle dann hoch geschaukelt, weil ich nicht so auf sie eingegangen bin, wie sie es in dem Moment gebraucht hat. Ich habe so manches Mal mit dem Verstand argumentiert, obwohl ich mit dem Herzen hätte kommunizieren solllen. Wobei wir schon beim Thema Validieren angekommen sind. Hier also die Buchvorstellung von “Die Weisheit der Demenz” (Kneipp Verlag):
Was ist es für ein Buch?
Ein Ratgeber für Angehörige und Fachleute.
Buchfakten: „Die Weisheit der Demenz“, Kneipp Verlag Wien, 2022. 25,00 Euro. Auch als E-Book erhältlich.

Wer hat es geschrieben?
Hildegard Nachum ist studierte Politik- und
Kommunikationswissenschaftlerin. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit dem Thema Validation: Sie ist Validationsmasterin, zertifizierte Validationslehrerin und gibt Fortbildungen für angehende geriatrische Pflegekräfte. Sie arbeitet in Seniorenheimen und kann von vielen Erfahrungen in der Pflege und Validation von alten Menschen und Menschen mit Demenz berichten. Mehr zu Hildegard Nachum findet ihr auf ihrer Website: www.nachum.at

Ulrike Zika ist Co-Autorin und hat Hildegard Nachum beim Schreiben unterstützt.
Worum geht’s?
In “Die Weisheit der Demenz” geht es um Validation. Hildegard Nachum erkärt anhand von ihren Erfahrungen, was hinter der Methode steckt und wie man sie im Miteinander und vor allem in der Begleitung von Menschen mit Demenz anwenden kann. Die Methode der Validation wurde begründet von der US-Amerikanerin Naomi Feil. Es ist eine Kommunikationsmethode und gleichzeitig eine Grundhaltung. Im Kern geht es darum, die Gefühle und Emotionen des anderen zu spüren, sie ernst zu nehmen und ihnen einen Raum zu geben. Es geht darum, dem Menschen Selbstwertgefühl und Wohlgefühl zu vermitteln, ein besseres Miteinander zu ermöglichen und auch die Pflege und Betreuung zu erleichtern.
Feil teilt die Demenz in vier Phasen und für jede Phase empfiehlt sie spezielle Techniken, Fragen, Umgangsformen – So wird aus der Theorie praktisch anwendbares Wissen. Hildegard Nachum erklärt diese Techniken, aber geht auch auf den personenzentrierte Ansatz von Kitwood und die Theorien von anderen Demenz-Experten wie Udo Baer und Michael Schmieder ein.
In jedem Kapitel gibt es hilfreiche Erklärungen, Hintergrundinformationen, praktische Tipps und Anleitungen für Übungen – zum Beispiel dafür, einen eigenen inneren Wohlfühlort zu visualisieren und sich im Körper zu verankern. Und es gibt viele Anekdoten. Hildegard Nachum schreibt von Sophies Hunger aus Sibirien, Ottilies Hunger nach Umarmungen und Alois und seinem geliebten Waschlappen – liebevoll beschreibt sie die Menschen und macht ihre Bedürfnisse sichtbar. Sie macht die Theorie der Validation und des wertschätzenden Umgangs praktisch nachvollziehbar.
Im letzten Kapitel gibt die Autorin noch einen Ausblick und beschreibt ihre persönliche Zukunftsvision. Sie läd dazu ein, den Begriff “De-menz” (weg vom Geist) auszutauschen und “Ad-Cor” (hin zum Herzen) zu nutzen. Was für ein schöner Gedanke! Sie beschreibt eine wahrlich schöne Zukunftsvision, die vor allem von einer akztepierenden und wertschätzenden Haltung und Kommunikation geprägt ist.
Lernfaktor?
Dieses Buch vermittelt extrem viel Wissen und Erfahrungen über Validation und Kommunikation mit Menschen mit Demenz. Es stellt die Gefühlswelt in den Mittelpunkt, denn genau diese bestimmen ja zu einem großen Teil unser Sein. Bei Menschen mit Demenz verblassen die kognitiven Fähigkeiten, das Fühlen aber bleibt. Hildegard Nachums Buch hilft, dies zu erkennen und damit umzugehen. Auch Gefühle wie Trauer, Angst und Verlust werden ernst genommen und haben ihren Raum.
Hildegard Nachum ermöglicht einen neuen Blick und Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen. Oftmals ist es das Umherwandern, das für große Unruhe sorgt. Oder Schreien, Weinen oder auch langsames Essen wie bei Sophie. “Es gibt einen Grund für das Verhalten desorientierter Menschen” – es ist eines der wichtigsten Validationsprinzip und die Autorin erklärt, was es damit auf sich hat. Sie ermutigt, die Ursachen zu ergründen, aber erklärt auch, dass es nicht unbedingt wichtig ist, diese zu kennen.
“Allein das Wissen, dass es für jedes Verhalten eine Ursache gibt, kann Angehörigen ebenso wie Pflegekräften einen entspannteren Zugang zu diesen Menschen verschaffen.“
Am Ende eines jeden Kapitels gibt es den Punkt “Die Botschaft der Weisheit”, in dem es darum geht, was die Demenz auch Positives bringen kann. Natürlich ist eine Demenzerkrankung nichts Schönes, aber doch vermag sie es, Gutes und Lehrreiches mit sich zu bringen, wenn man sich auf diese andere Welt einlässt.
“Die Geschichten zeigen uns, wie Menschen sogar noch in der letzten Phase einer Demenz danach dürsten, Verbundenheit und Liebe zu empfinden. Dieses tiefe Grundbedürfnis können wir in unser tägliches Sein integrieren, indem wir unsere Beziehungen pflegen und uns mit anderen Menschen, aber vor allem mit uns selbst verbinden.”
Extras
Auf dem Buchcover ist eine Pusteblume zu sehen. Sie zieht sich immer wieder durch das Buch und vermittelt eine Leichtigkeit.
Am Ende des Buches empfiehlt die Autorin noch Bücher und Filme zum Thema Demenz.
Mein Lieblinglingssatz
„Stellen Sie immer den Menschen in den MIttelpunkt und nicht die demenzielle Veränderung. Denn der Mensch bleibt immer Mensch, er besteht nicht nur aus Gehirn, sondern auch aus Emotionen, Erfahrungen und intuitivem Wissen.“
Mein Fazit
“Die Weisheit der Demenz” ist ein Ratgeber, den ich jedem empfehlen kann, der sich mit dem Thema Validation und Kommunikation beschäftigen möchte. Ich habe viel gelernt. Es geht aber nicht nur um konkrete Tipps oder Empfehlungen, sondern für mich ist das Buch ein echter Wegweister, ein Wegweiser zum würdevollen Umgang mit Menschen mit Demenz.
Das Buch ist wertvoll und hilfreich für den Umgang mit Menschen mit Demenz – und generell für unseren Umgang miteinander. Wertschätzend kommunizieren fängt dabei an, die Gefühle des anderen zu erspüren und sie zu akzeptieren. Wie oft schauen wir im Alltag wirklich hin, wie es anderen geht, erfragen, warum sie so handeln, gehen wirklich auf Augenhöhe? Zu schnell, zu laut, zu stressig – irgendeinen Grund gibt es immer. Im Miteinander mit Menschen mit Demenz funktioniert das alles nicht mehr, da werden die gängigen Regeln oft außer Kraft gesetzt. Es lohnt sich, mit dem Herzen zu sehen, im Miteinander mit Menschen mit Demenz – und mit allen anderen auch. Danke für dieses Buch!
Liebe Peggy, vielen Dank auch für diesen Beitrag – ich werde mir dieses Buch kaufen und bin sehr gespannt … ich weiß nur noch nicht wie ich mit diesem Umdenken hinsichtlich Demenz umgehen soll, ich höre immer von Menschen in deinen Beiträgen deren Eltern betroffen sind und fühle mich einfach ganz anders, weil es meinen Mann betrifft …
Liebe Anja,
ja, stimmt, das ist glaube ich noch mal ganz anders, wenn der Partner oder die Partnerin betroffen ist. Das merke ich auch an mir und meinem Papa. Ich glaube, dieses Annehmen und Umdenken ist für Partner und Partnerinnen eine viel größere Herausforderung, oder?
Viele Grüße, Peggy