Schon als ich meinen Jahresrückblick geschrieben habe, kam immer wieder die Frage auf, was mein Motto für 2022 wäre. Ich habe ganz schön lange gesucht und gegrübelt: nach dem perfekten Wunsch, nach dem einen richtigen Motto, nach dem hundertprozentigen Wort. Klarheit, Lachen, Zufriedenheit, Wachstum, Sonnenschein, Glück – das sind alles Dinge, die ich mir für 2022 wünsche, und die ich in die Auswahl genommen habe, aber keines davon passte wirklich. Bis ich dem Satz “Es ist schon gut” begegnet bin und gespürt habe, dass ich genau das in meinen Kopf (und mein Herz) hineinbekommen möchte. “Es ist schon gut” soll mich als Mantra in diesem Jahr begleiten.

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Ein Motto für 2022?
“Wollen wir 2022 überspringen?” habe ich meine Freundin vor ein paar Tagen gefragt – und das vollkommen ernst gemeint. Erwarten mich 2022 nicht vor allem wieder nur Corona, Homeschooling, Absagen, dazu noch mehr Gedanken und Sorgen um meine Eltern? Dann hat Judith Peters nach meinem Motto für 2022 gefragt. “Puh”, habe ich gedacht. ‘Was denn für ein Wunsch?’ Seither habe ich viel überlegt und gezweifelt, ob ich mein Motto oder Wort für dieses Jahr finden könnte.
Klar, da gibt es Einiges, das ich mir wünsche: ich möchte viele Momente mit meiner Mama und meinen Kindern genießen. Ich hoffe in meiner Selbstständigkeit zu wachsen und an spannenden Projekten zu arbeiten. Ich hätte gerne mehr Klarheit für mein Leben und vielleicht sogar so etwas wie einen Plan. Ich wünsche mir Lachen, Sonnenschein und möchte glücklich und zufrieden sein. Aber wie soll ich das unter einem Motto zusammenfassen?
“Es ist schon gut” – Der Satz trifft mich
Während ich über 2022 und mich nachgedacht habe, bin ich dem Satz “Es ist schon gut” begegnet und sofort habe ich gedacht: ‘Nein, es ist nicht gut.’ Denn tatsächlich gibt es gerade einige Dinge, die mir Sorgen bereiten. Der Pflege-Alltag wird zunehmend anstrengender für meinen Papa und ich kann kaum helfen, wenn ich nicht bei meinen Eltern bin. Noch immer weiß ich nicht, was sich mein Papa für sich und Mama wünscht, wenn es zu Hause mal alleine nicht mehr geht. So oft bereue ich, dass wir nie über das Thema Pflegeheim gesprochen haben. Und uns fällt es so schwer zu sprechen.
Der Satz “Es ist schon gut” macht etwas mit mir. In den vergangenen Jahren habe ich oft gehört “Alles wird gut”. Klar, ich wünsche mir das sehr. Aber es fällt mir schwer daran zu glauben, weil ich sofort diverse Gegenbeispiele zur Hand habe: Eine Corona-Welle folgt der nächsten. Meine Mama braucht zusehends mehr Unterstützung. Ich komme oft an meine Grenzen. Wie soll da “alles gut” werden? Und wenn immer alles gut werden würde, hätten wir dann nicht paradiesische Zustände und jeder wäre glücklich?
Was heißt “gut” für mich überhaupt?
Irgendwann in all dem Grübeln und Denken merke ich, dass “gut” für mich “perfekt” ist. Ich habe in meinem Kopf sehr viele Vorstellungen, Wünsche und Erwartungen davon, wie die Dinge sein sollten. “Gut” ist es für mich in der Tat meist erst dann, wenn es perfekt ist und meinen Erwartungen entspricht. Aber das Leben passiert einfach irgendwie, ohne meine Vorstellungen zu kennen oder sich daran zu halten. Geht es nicht eher darum, das, was passiert, für sich “gut” sein zu lassen und das Beste daraus zu machen und die Dinge zu gestalten?
“Wir können nichts gegen die Krankheit tun, wir können sie nur annehmen – und lernen, mit ihr zu leben.” Das habe ich in meinem Buch “Mamas Alzheimer und wir” geschrieben. Denn ich habe in den vergangenen zehn Jahren gelernt, dass die beste Strategie ist, die Alzheimererkrankung meiner Mama zu akzeptieren. Es hilft nicht, zu trauern, mich zu ärgern oder zu stressen, wenn sie etwas nicht mehr kann oder vergisst. Was ihr tatsächlich hift, ist, wenn ich ihr die Unterstützung gebe, die sie benötigt – und dazu ist der erste Schritt das Annehmen.
Die Dinge gut sein lassen – wie geht das?
Vielleicht ist wieder einmal meine Mama und die Alzheimererkrankung auch so etwas wie ein Lehrmeisterin für mich. Immer wieder werden Dinge passieren (und sie sind es ja auch schon), die nicht “gut” sind. Die meinen Erwartungen nicht perfekt entsprechen, die nicht schön sind, die mich traurig machen oder mir wehtun. Und doch darf ich sagen, dass es “gut” ist, denn es gehört zu mir und meinem Leben. Es ist anders als geplant und ich werde andere Wege finden.
“Es ist schon gut” lässt sich leicht schreiben, aber wie kann es gelingen, das zu fühlen und danach zu handeln? Was muss oder kann ich tun, damit es “gut” ist? Es hilft mir zu reflektieren, wie die Situation wirklich ist und zu überlegen, was ich realistisch ändern und beeinflussen kann. Fürs Erste ist es vielleicht einfach gut, wenn ich dieses Jahr 2022 annehme und mich darauf einlasse, ohne zu denken, es könne nicht gut werden, weil es nicht perfekt sein kann (denn, was kann denn tatsächlich perfekt sein?). Vielleicht ist gut einfach mal gut – und alles was kommt, ebenso. Damit ich mich immer daran erinnern kann, hängt nun auch an der Wand “Es ist schon gut.”
Ich wünsche euch einen guten Weg für 2022!
Liebe Peggy,
ich verfolge Deinen Blog erst seit kurzem, aber ich bin sehr berührt von der Art wie Du schreibst und wie Du beschreibst.
Meine Mutter ist auch an Alzheimer-Demenz erkrankt und ich finde mich in vielem wieder, was Du (be-)schreibst.
Mein Motto oder Mantra ist inzwischen so ähnlich wie Deines.
“Es ist gut so, wie es ist.”
Es hat lange gedauert, bis ich mit der Situation einigermaßen klar gekommen bin. Aber ich kann daran nichts ändern und versuche, aus jedem Tag das beste zu machen. Und die jeweilige Situation ist in dem Moment gut, so wie sie ist.
Ich wünsche Dir weiterhin viel Kraft und positive Energie.
Du wirst die Dinge meistern!
Viele liebe Grüße und alles Gute für 2022!
Marion
Liebe Marion,
Vielen lieben Dank, dass du deinen Erfahrungen hier mit mir teilst. Ich wünsche dir viel Kraft und auch Freude! Pass gut auf dich auf!
Viele Grüße Peggy